Die Azoren, wo sind die gleich wieder, irgendwo im Atlantik? Von dort kommt doch das gleichnamige Azorenhoch, also nur Sonnenschein und Wärme?
Stimmt nicht ganz, doch ein genauerer Blick auf die Karte lohnt sich. Zunächst einmal richtig, es handelt sich um eine weit verstreute Inselgruppe, etwa 2000 km westlich vor Lissabon mitten im Atlantik gelegen. Die Geschichte der Azoren ist eine wechselvolle und erst in den letzten 20 Jahren erlebte die Inselgruppe einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung, verbunden mit mehr Tourismus. Vorher waren die Inseln eher unter Seglern bekannt, die auf einer Atlantiküberquerung eine Pause einlegen wollten.
Die Anreise per Flugzeug dauert deutlich länger als andere Reiseziele in Europa, man steigt normalerweise in Lissabon um und, je nach Jahreszeit, gibt es auch nur wenige Flüge pro Woche. All das war Musik in unseren Ohren, da es sich eher nicht nach Massentourismus und Horden von All-Inclusive-Pauschaltouristen anhörte.
Wie steht`s um das Wetter? Die Azoren liegen in der Westwindströmung mit subtropischem Klima, das heißt hier gibt es das ganze Jahr über reichlich Niederschläge mit moderaten Temperaturen. Im Mittel im Sommer selten über 26 °C, im Winter um 16°C. Das "echte" Azorenhoch liegt jedoch etwas weiter südlich.
In den Vorbereitungen haben wir uns Jahr für Jahr dagegen entschieden dort einen Sommerurlaub zu verbringen, da wir nicht sicher waren, ob es uns nicht zu nass und zu kalt ist.
Im August 2016 ging`s los, wir wollten es wissen!
Mit dem Flieger ging`s via Lissabon nach Horta auf Faial - und gleich mal mit zwei Stunden Verspätung aufgrund schlechten Wetters vor Ort. Wir lernten unsere erste Lektion: das Wetter ändert sich hier so schnell wie bei uns in den Alpen, also einfach akzeptieren wie es ist und locker bleiben, die Einheimischen leben es einem vor und warten in einem der typischen Cafés den Schauer ab, wenn nötig auch mal etwas länger.
Auf Faial, dank eines Meeres von blauen Hortensien mit dem Beinamen "die Blaue", hatten wir eine Woche eingeplant. Dies war perfekt um einmal um die saftig grüne Caldeira zu wandern und um anschließend noch die halbe Insel zu Fuß zu durchqueren. Durch die trotz häufiger Wolken sehr starke Sonneneinstrahlung war dies ein durchaus anstrengendes Unterfangen. Öffentliche Verkehrsmittel, sprich Busse, fahren nur spärlich, so dass man entweder ein Auto mietet - oder so wie wir einfach einen Roller - und den Rest zu Fuß erwandert. Als Alternative bleibt sonst nur das Taxi oder der Daumen.
In der zweiten Woche ging`s mit der Fähre auf die Nachbarinsel Pico. Faial und Pico sind zwei Inseln der Zentralgruppe, die erste ist gekennzeichnet durch ein Meer von blauen Hortensien und das Wahrzeichen von Pico ist der gleichnamige Vulkan, dessen Pico (Gipfel) mit 2451 m der höchste Punkt der Azoren und sogar ganz Portugals ist.
Auch hier blieben wir eine Woche und wollten natürlich den Pico ersteigen. Nach einem späten Frühstück fuhren wir mit dem Mietwagen über die Insel und kamen eher zufällig bis zum Startpunkt der Tour. Eigentlich wollten wir ja baden, doch die Witterung war am Vormittag etwas kühl gewesen. Den Gipfel planten wir erst am folgenden Tag früh morgens in Angriff zu nehmen, vielleicht mit Sonnenaufgang über dem Meer, den wir uns schon in den schönsten Farben ersonnen.
Der Gipfelanstieg selbst beginnt bei einer Berghütte auf etwa 1200 m Höhe, so dass der restliche Anstieg für geübte Wanderer nicht allzu hoch sein sollte. Hier folgte eine Überraschung, die Hütte war zugleich der Beginn des offiziellen Wanderweges zum Gipfel - und der kostet Eintritt! Erst galt es einen Film über die Gefahren einer Gipfelbesteigung zu sehen, sodann erhielten wir einen GPS-Empfänger um im Notfall gerettet werden zu können und mussten schließlich noch eine Erklärung unterzeichnen, dass wir uns die Tour auch ohne - optional verfügbaren - Bergführer zutrauen würden. Nur knapp 40 Min später durften wir endlich los.
Moment - gleich heute? Richtig, der Wetterbericht, so wurde uns an der Hütte versichert, versprach lediglich noch für den heutigen Nachmittag gutes Wetter, bereits in der Nacht sollte sich ein Sturmtief nähern, was eine Besteigung des Gipfels für die nächsten Tage äußert unwahrscheinlich erscheinen ließ. Zum Glück hatten wir unsere gesamte Ausrüstung im Auto, also auch die Bergschuhe nebst Rucksack und Verpflegung. Wir blickten einander kurz an und zur Überraschung der Empfangsdame entschieden wir uns daher grinsend für die sofortige Besteigung. Der Weg selbst ist nicht schwer, allerdings steil, doch die Sicht vom Gipfel versprach gigantisch zu werden, wenn, ja wenn sich das Wetter nicht wieder überraschend geändert hätte. Einer Bugwelle eines Ozeanriesen gleich entwickelte sich auf der Luvseite, dort wo der Weg entlang führte, eine große Wolke. Diese wuchs binnen Minuten und hüllte uns, den Weg und den Gipfel in dichten Nebel. Die Sicht betrug vielleicht 30 m, so dass wir etwas enttäuscht nur wenige Meter vor dem Gipfel kehrt machen mussten. Lohnend war die Tour aber trotzdem.
Und danach?
Das Wetter schlug tatsächlich um, allerdings erst zwei Tage später als gedacht und der Pico selbst erstrahlte majestätisch und ohne jede Wolke für Stunden in der Morgensonne. Wollte er uns etwa ärgern? Wir dachten an die Wetterkapriolen bei unserer Ankunft am Flughafen auf Faial und entschieden eben einfach jetzt zu baden.
Die meisten Dörfer auf der Insel verfügen übrigens nicht über einen Strand, zu schroff ist vielerorts die Küste und der Atlantik eher wild. Daher gibt es eine Reihe von künstlich angelegten Schwimmbecken mit Seewasser. Dieses wird vielerorts sogar eigens aus dem Meer hochgepumpt, schließlich sind die Gezeiten deutlich ausgeprägt. Diesen Bade-Luxus genossen wir so ausgiebig wie die Einheimischen.
Zu Berichten gibt`s natürlich noch viel, zum Beispiel vom ziemlich lauten nächtlichen Geschrei der Gelbschnabel-Sturmtaucher, einem hier brütenden Seevogel oder von weiteren Wetterüberraschungen wie einem sich nähernden Hurrikan. Doch nur soviel: der Urlaub war klasse und wir sind wohlbehalten zurückgekehrt.
Es war ein unglaublich entschleunigender Urlaub. Wer hier kulturelle Highlights sucht oder nach sportlichen Höhepunkten strebt, wird enttäuscht werden, wer einen reinen Badeurlaub sucht ebenso. Auch preislich gibt es günstigere Destinationen.
Perfekt ist die Zentralgruppe der Azoren hingegen für Menschen, die Ruhe und Entspannung suchen, sich von ein paar Regenschauern nicht beeindrucken lassen, gerne wandern und im richtigen (sonnigen) Moment ein Bad im meist wilden Atlantik nehmen wollen. Man sollte sich treiben lassen, vor allem ohne straffen Terminplan oder ständigem Inselhopping. Mit zwei Wochen Zeit im Gepäck erscheinen uns 2 Inseln ideal.
8 von 10 Eistüten, dank der tollen Cafés und Restaurants.