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Nice - München Rallye (Teil 1)

Unsere Tour durch die Abruzzen hat uns auf den Geschmack gebracht. Wir wollten erneut möglichst abseits der großen Straßen mit dem Rad durch die Natur fahren. So planten wir schon eine ganze Weile eine ausgedehnte Bikepacking-Tour durch die Seealpen, bis es im Sommer 2018 endlich soweit war! 

 

Wir nehmen Euch in dieser mehrteiligen Serie gedanklich mit auf unser dreiwöchiges Abenteuer von Nizza nach München. Im ersten Teil geht`s von Nizza über eine wilde Kammstraße nach Cuneo.

 

...und regelmäßig dranbleiben lohnt sich, zum Schluss der Serie gibt's eine Überraschung!

 

Viel Spass bei unserem Reisebericht!

Teil 1: Start der Tour in Nizza

Die gut verpackten Räder waren am Flughafen von Nizza schnell ausgepackt und wieder zusammengebaut. Kurze Zeit später rollten wir auf einem Radweg eben entlang der Küste ins Zentrum von Nizza und zum Hotel. Zwei bequeme Nächte mit einem richtigem Bett und einem Sprung ins Meer wollten wir uns gönnen! Bewusst planten wir etwas Zeit zum Ankommen ein, bevor es in die Berge gehen würde. 

Nice - München Rallye
Teil 1: Nizza - Via del Sale - Cuneo

Die Stadt war voller Touristen und selbst nachts war es noch laut, und so fiel uns der Abschied aus dem Trubel am zweiten Morgen nicht allzu schwer. Wir fuhren entlang der bekannten Uferpromenade zum Hafen und bogen von dort direkt ins Hinterland in die Berge ab. Mit jedem Kilometer wurde der Verkehr weniger, bis wir schließlich auf eine wunderschöne Bergstraße zum Col de Braus einbogen. Das Wetter war großartig, heiß und sonnig mit traumhaften Blicken zurück zum Meer und die Anstrengungen beim ersten Pass, immerhin auf 1002 m gelegen, boten uns einen Vorgeschmack auf die kommenden Etappen. Wie immer zu Beginn einer Tour mussten wir uns zuerst an die beladenen Räder gewöhnen. Diesmal waren wir beide mit unserem neuen Bikepacking-Setup unterwegs (siehe auch Video zur Test-Tour auf den Juifen), denn nach dem ersten Tag auf Asphalt warteten etliche Offroad-Kilometer auf uns. Müde aber glücklich erreichten wir am Abend unseren ersten Zeltplatz in der kleinen Stadt Sospel. 

 

Nice - München Rallye, Berghuhn.de
Zeltplatz in Sospel

Nach einer endlich ruhigen, kühlen und sternklaren Nacht, brachen wir am folgenden Morgen zeitig auf Richtung Col de Turini. Wir waren freudig aufgeregt, denn diese Etappe versprach einige Spannung mit etwa 1600 Höhenmetern und reichlich Schotterpassagen. Los ging`s bis zur Passhöhe auf 1600 m durch herrlich grüne Bergwälder zunächst auf Asphalt mit wenig Verkehr. Dort angekommen folgten wir einer schmalen Bergstraße weiter bergauf bis auf über 2000m Höhe. Wir rollten einige Kilometer entlang der Berghänge und hatten fantastische Ausblicke über die angrenzenden Berge bis an die Côte d`Azur. Doch es wurde noch besser! Die Asphaltdecke endete und was jetzt folgte war eine epische Abfahrt. Ohne Verkehr fuhren wir eine gefühlte Ewigkeit auf einer holprigen, schmalen und teils steilen Schotterstraße bergab ins Tal. Jetzt waren wir froh um unsere Federgabel und dem relativ leichten Gepäck. Naja, zumindest verglichen mit einem klassischen Tourenrad waren sie leichter.

Die Sonne stand schon tief, als wir im Tal bei Saorge wieder auf die Hauptstraße in Richtung Col de Tende und Italien stießen. Leider war der anvisierte Zeltplatz überfüllt und so war es schon fast dunkel, als wir endlich, nach inzwischen 75 km und mehr als 2000 Höhenmetern und vielen Stunden im Sattel bei Tende einen Zeltplatz fanden. 

Wir waren fast froh, als am folgenden Morgen die umliegenden Berge in Wolken gehüllt waren und  uns der Wetterbericht zu einem Tag Pause riet. Die folgenden zwei Tage würden wir über die Via del Sale, auch Ligurische Grenzkammstraße genannt, fahren. Diese verläuft fast komplett auf Schotter und bewegt sich für gut 40 km beständig in Höhen um die 2000 m. Hier in schlechtes Wetter zu geraten ist nicht nur unangenehm sondern gefährlich, da es fast keine Unterstandsmöglichkeiten gibt. 

Die Pause nach den zwei harten ersten Tagen tat uns gut und wir ergänzten unsere Vorräte für die zwei bevorstehenden Tage ohne Einkaufsmöglichkeit. Noch vor Sonnenaufgang packten wir unsere Sachen und radelten los, zunächst ein Stück bergab auf der Hauptstraße und dann zum kleinen Ort La Brigue, zum zweiten Frühstück und dem Einstiegspunkt zur Via del Sale. Schon kurz hinter dem Ort endete die Straße und eine zum Teil grobe Schotterpiste begann. Mit Gepäck und beladen mit 8 Liter Wasser sowie Lebensmitteln für zwei Tage war das eine harte Nummer. Inzwischen knallte auch die Sonne in den Südhang, in dem wir uns gerade befanden, so dass der Schweiß bei uns in Strömen lief. Dennoch, oder vielleicht sogar weil wir nur langsam vorankamen, genossen wir die Ruhe der Bergwelt und die schönen Ausblicke. Bis plötzlich das erste Motorrad röhrend vorbeistaubte. Die Strecke ist leider unter Jeep- und Motocrossfahrern sehr beliebt und so sollten an dem Tag noch etliche Fahrzeuge folgen, meist fuhren sie sogar im Konvoi mit einem Guide. Manche der Fahrer blickten uns aus ihren Fahrzeugen heraus bemitleidend an, weil wir aus eigener Kraft bergauf fahren mussten. Wir hingegen dachten uns, bei diesem Gerüttel und Geschaukel im Fahrzeug würde uns nur schlecht werden und von der umliegenden Schönheit der Natur bekommt man vor lauter Fahrstress auf der teil sehr engen Trasse und dröhnender Motoren auch nichts mit. 

Nice - München Rallye, Berghuhn.de, Specialized Chisel Expert
unsere beladenen Räder mit Proviant für 2 Tage

Nach Stunden erreichten wir den ersten Sattel auf 1900m und genossen die Aussicht. Die Trasse verlief ab jetzt im ständigen Auf und Ab auf teilweise sehr grobem, holprigen Untergrund entlang der Berghänge. Immerhin 40 km und 1400 Höhenmeter lagen bis zum Endpunkt der Strecke am Col de Tende noch vor uns. Inzwischen war die Luft kühl und angenehm geworden, allerdings wuchsen die Quellwolken bedrohlich an und die ersten Gewitter bildeten sich. Das erste streifte uns nur mit einem kurzen Regenschauer und beim zweiten fanden wir einen notdürftigen Unterstand in einer offenen Hütte. Dort warteten wir nicht lange, bis sich zwei Italiener zu uns gesellten. Er fuhr mit einem ungefederten Gravelbike, sie mit einem MTB-Pedelec. Während es regnete, erzählte uns das ortskundige Paar von den uns bevorstehenden schönen Kilometern auf der Grenzkammstraße. Zum Glück währte der Regen nur kurz und so ging`s bald flott weiter, jetzt durch einen wunderschönen Lärchenwald und fast ohne Verkehr. 

Nice - München Rallye
Lärchenwald auf der Via del Sale

Inzwischen war es später Nachmittag und die Sonne stand schon wieder tief, als wir an einer Mautstelle mitten auf der Schotterstraße vorbeikamen. Nachts ist die Strecke für den motorisierten Verkehr gesperrt, doch wir wurden freundlich durchgewunken. Es wurde langsam Zeit, uns einen Zeltplatz zu suchen, was keine leichte Aufgabe am Berg ist, wenn der Hang entweder steil abfällt oder Almen mit Kühen, Schafen und ziemlich großen, wehrhaften Hirtenhunden in der Nähe sind. In der Dämmerung fanden wir nach einer Weile endlich einen geeigneten Stellplatz neben der Straße, aßen noch zu Abend und krochen müde aber glücklich von den Eindrücken des Tages in unsere Schlafsäcke. Inzwischen war es still und ziemlich frisch geworden, nur der Wind rüttelte sachte am Zelt. Dann, mitten in der Nacht schreckten wir hoch, was war das für ein Tier, das wir da hörten? Ein Hirtenhund? Oder doch ein Wolf, von denen es hier laut den zwei Italienern ein kleines Rudel geben soll? Wir verhielten uns still, wagten kaum zu atmen, bis sich das Tier langsam wieder entfernte und atmeten erleichtert auf. 

Nice - München Rallye, Berghuhn.de
Sonnenaufgang auf der Via del Sale

Der nächste Morgen dämmerte heran und wir frühstückten in der Kühle, bis uns die ersten Sonnenstrahlen erreichten. Die Stimmung war wundervoll friedlich und die Fernsicht in der klaren Luft hervorragend. Noch etwas müde schwangen wir uns wieder in den Sattel und fuhren die folgenden Kilometer noch völlig ohne Verkehr bis zum Rifugio Don Barbera. Waren die gestrigen Ausblicke schon großartig gewesen, so steigerte sich das Panorama am zweiten Tag noch weiter. Immer wieder mussten wir einen Fotostopp einlegen, um die Aussicht zu genießen. Als wir am späten Morgen am Rifugio ankamen, gönnten wir uns in der Wärme der Hütte einen großen Kaffee mit frischem Kuchen. Unser Grinsen kehrte zurück und der Schlafmangel der letzten Nacht war vergessen! So gestärkt konnte die heutige Etappe weitergehen. 

Nice - München Rallye
Morgenstimmung auf der Via del Sale
Nice - München Rallye, Berghuhn.de
Blick zum fernen Rifugio Don Barbara

Die Strecke führte weiterhin teils steil bergauf und bergab, mal schottrig und dann wieder relativ gut durch eine atemberaubende Bergkulisse. Kaum zu glauben, dass diese Straße im ersten Weltkrieg aus rein militärischen Zwecken angelegt wurde. Nur ein paar Überreste von Befestigungsanlagen erinnern heute noch daran. 

Ein paar Stunden später gelangten wir schließlich auf die letzte Anhöhe der Strecke, den Colle Campanino, von der wir in der Ferne und weit unter uns gelegen, die Passhöhe des Col de Tende auf immerhin 1871 m sehen konnten. Flott ging es auf einer inzwischen wieder guten Schotterstraße bergab zum Pass. Dort angekommen empfing uns der typische Touristenrummel mit Berghütten und Kiosken, die Ruhe war vorbei. Also nichts wie weiter bergab. Wieder auf Asphalt, dafür sehr schnell rauschten wir runter nach Italien in Richtung Cuneo, unserem Tagesziel.

Der Unterschied zwischen den Bergen und der Ebene war krass. Statt friedlich grasender Kühe und Schafe, kühler Bergluft, Ruhe und einer umwerfenden Aussicht rauschte wieder der dichte Verkehr auf der Hauptstraße an uns vorbei. Der Zeltplatz nahe Cuneo war voll, laut und umgeben von Wohnhäusern. Zwar freuten wir uns nach zwei Tagen harter Fahrt sehr auf die heiße Dusche, innerlich aber sehnten wir uns schon wieder nach der Stille der Berge. Wir sollten nicht enttäuscht werden...

Hier gehts zu Teil 2 der Story - oder klickt doch gleich in unsere Abenteuerliste, um die vollständige Story und unser Video zur Tour zu sehen!